Erinnerungen von AOiR Hans Plett

Ehrenmitglied Hans Plett erinnert sich an seine Zeit als Schaffer. Die obligatorischen Schafferstreiche waren damals noch recht robust. In der heutigen Zeit würden sie so sicher nicht akzeptiert werden. Immerhin sind die Erinnerungen daran heute noch stark.

Mein Partner Jürgen Krieger und ich wurden 1969 Jungschaffer. Ich erinnere mich noch gut an das Austragen der Säbel. Zuerst mussten wir zum Hauptmann. Dem haben wir den Korinthenstuten geklaut, der für den Sonntagmorgen vorgesehen war. Da hat er sonntags wohl Schwarzbrot essen müssen.

Danach ging es zu Altoffizier Max Hoffmann im ehemaligen Konsum-Gebäude. Heute ist dort einen Nähstube. Bevor wir eintreten durften, mussten wir uns erstmal die Füße waschen. Wir bekamen einen Platz in einer Ecke auf dem Fußboden zugewiesen, wo uns eine Art Haferbrei zum Essen angeboten wurde. Diesen Brei haben wir heimlich dem Hund zugeschoben, und nicht mal der Hund hat ihn angerührt! Natürlich haben wir dann bei Max Hoffmann noch „anständiges“ Essen bekommen.

Gut gesättigt ging es dann weiter zu Altoffizier Peter Skawinski. Und weil wir eben so voll gegessen waren, haben wir einen Umweg über den Norderwall gemacht. Entsprechend spät kamen wir bei Peter Skawinksi an. Der Gildeschreiber hatte uns aus den Augen verloren und stand dort nun schon in heller Aufregung vor der Tür: „Mensch Jungschaffer, wo bleibt ihr denn bloß?“ Wir sind dann also hineingegangen zur Säbelübergabe. Und im Laufe des Abends haben wir versucht, eine Tischdecke zu klauen. Um sie unbemerkt aus dem Haus zu bekommen, haben wir sie ganz eng aufgerollt und ins Jackett in den Ärmel gesteckt. Leider ist das nicht unbemerkt geblieben. Wir bekamen zur Strafe fürchterlich einen eingeschenkt – im wahrsten Sinne des Wortes.

Im folgenden Jahr mussten wir als Altschaffer zur Säbelübergabe zu den Altoffizieren Hannes Kock und Siegfried Woidt. Ich erinnere mich noch gut, wie dieser Abend bei Siegfried Woidt endete. Es war ungewöhnlich warm an diesem Tag, und Siegfried hatte seine Fenster, die nach außen aufgingen, alle aufgemacht, um es in der Wohnung einigermaßen erträglich zu haben. Im Laufe des Abends haben wir dann unbemerkt sämtliche Fensterflügel ausgehängt und hinten auf dem Hof abgestellt. Als abend dann vorbei war und alle nach Hause gegangen waren, Ist Siegfried Woidt um sein Haus gelaufen, um die fehlenden Fensterflügel zu suchen. Dabei hat er im Dunkeln den von uns aufgestellten Fensterstapel übersehen und ist direkt hineingelaufen. Dabei gingen etliche Scheiben zu Bruch.

Schafferstreiche gingen früher noch viel stärker in den persönlichen Bereich hinein. Ich kann mich an die Säbelübergabe bei Erich Butzkies und Alfred Schröder (genannt EBu und Don Alfredo) erinnern, die vor uns Altoffiziere waren. In einem unbemerkten Moment holten die Schaffer bei Ebu die Matratzen aus dem Bett. Dann zogen sie die Bettlaken stramm über das Bett und pinnten sie mit Heftzwecken am Bettrahmen fest. Und als Erich dann abends ins Bett wollte, fiel er auf den Sprungfederrahmen.

Bei mir selbst hatte man einmal die Klobrille geklaut, Deckel und Brille! Da musste ich eine Woche lang auf dem kalten Lokus sitzen.

In meinen alten Unterlagen habe ich noch einen originalen Handzettel gefunden mit ein paar Worten, die ich bei meiner Entlassung als Altoffizier in Ruhe gesprochen habe. Die möchte ich gerne schnell einmal vorlesen. Damals sagte man übrigens noch „Herr Ältermann“!

„Herr Ältermann, liebe Gildebrüder, für uns heißt es heute Abschied nehmen aus diesem Kreis, der uns im Laufe von fünf Jahren doch irgendwie ans Herz gewachsen ist. Und diesen Abschied sehen wir mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Denn fünf Jahre harter Dienst unter der Fuchtel des Hauptmannes und des Ältermannes reichen uns völlig, und so freuen wir uns auf das 434. Gildefest als Schützen im letzten Glied. Andererseits haben wir im Kreis des Vorstandes fünf schöne Gildejahre verlebt. Unsere Beförderung zum Altoffizier in Ruhe am Gildemontag wurde vom Ältermann ohne Bedenken ausgesprochen. Ich wiederhole: Ohne Bedenken! Weil wir nach seinen eigenen Worten seinerzeit von ihm als neue Jungschaffer geworben wurden und er nur anständige Jungschaffer aussucht. Und das hat er auch getan. Aber wenn ihr das miterlebt hättet, wie er als Altschaffer uns gebeten und gebettelt hat, wir möchten doch Jungschaffer werden: Auf den Knien hat er vor uns gelegen, stundenlang und händeringend. Unsere Frauen hat er versucht zu bezirzen, die harten Schafferjahre hat er in den leuchtendsten Farben geschildert, so dass wir nach Tagen uns haben breit schlagen lassen. Denn was wäre vor fünf Jahren aus der Gilde geworden ohne neue Jungschaffer? Sie wäre zusammengebrochen. Und das haben wir somit verhindert. Außerdem hatten wir gute Vorbilder (Alte Schule, alte Schuhe): Ebu und Don Alfredo.

Aber wir waren auch die schwarzen Schafe in der Gilde. Uns wurde vom damaligen Gildeschreiber Bolten immer wieder gesagt: Übertreibt nicht, kehrt zu den alten Statuten zurück, sonst finden wir immer schwerer neue Jungschaffer. Wir haben versucht uns daran zu halten und das hat man uns teilweise übel genommen. Aber auch das hat uns nicht aus dem Sattel werfen können.

Zum Schluss möchte ich noch eines hier sagen: Wenn man den beiden Altoffizieren beim Säbelüberreichen die Klobrille klaut, und den Fahnenschmuck vom Haus, das geht wirklich zu weit. Auf dem Lokus sitzen und dabei Zeitung lesen war bei uns in den letzten Tagen nicht mehr drin, denn es war ohne Brille einfach zu kalt. Hoffentlich lässt sich heute Abend in der Sportklause eine neue Brille ersteigern.“


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